Obschon ungenügend und fragmentarisch, hat das europäische Sozialrecht das Recht der Wanderarbeiter auf Sozialleistungen und soziale Vorteile im Arbeitsland festgelegt. Und es hat z.B. das Recht auf bezahlten Urlaub während derKrankheit garantiert, den Elternurlaub eingeführt, zur Begrenzung der Zeitarbeitsverträge und der Teilzeitarbeit beigetragen, die Beibehaltung der Arbeitsverträge bei Betriebsübernahmen geregelt, die Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts untersagt … Diese Prinzipien wurden in die nationale Gesetzgebung aufgenommen oder werden regelmässig vor Gericht geltend gemacht. Aber das europäische Sozialrecht ist gegenwärtig durch die neoliberalen Kräfte von Rückschritten bedroht, z.B. bei der Revision der Arbeitszeitrichtlinie, oder bei der Entsendung von Arbeitskräften. Die Vorherrschaft der Konkurrenzregeln gegenüber den Sozialrechten wurde in den Urteilen Viking, Laval, Rüffert und Luxemburg vom Europäischen Gerichtshof behauptet. Und im Namen der europäischen Politiken erfolgen gegenwärtig die wichtigsten Angriffe auf die Sozialrechte in den Mitgliedsstaaten und führen dort zur Verarmung und Prekarisierung breiter Bevölkerungsschichten. Und das obschon Artikel 151 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, übernommen aus dem römischen Vertrag, zum Anliegen der EU und der Mitgliedsstaatensetzt erklärt hat: “die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen” Vor kurzem hat die Sozialkomission des Europäischen Parlamentes, im Namen dieser Ziele, die brutale Politik der “Troika” gegen Irland, Griechenland oder Portugal heftig kritisiert. Ebenso wie die Nationalstaaten ist auch das europäische Konstrukt nicht monolithisch angelegt, sondern ist Gegenstand des permanenten Widerstreites gegenübergesetzter sozialer Kräfte. Man erinnere sich an die Bolkestein- Dienstleistungsdirektive, die nach massivem Protest umgeändert wurde. Das europäische politische Feld darf man nicht den Neoliberalen überlassen. Im Gegenteil, man muss kämpfen für “ein anderes politisches Projekt das auf den sozialen Fortschritt ausgerichtet ist” (Appell des Europäischen Gewerkschaftsbundes für die Europawahlen vom 25. Mai 2014).
déi Lénk wollen:
1. Die konvergierenden Kämpfe in Europa gegen die Austerität und die Restrukturierungen des Sozialstaates ebenso unterstützen wie die gewerkschaftlichen Kämpfe in den Staaten und auf der Ebene des europäischen Gewerkschaftsbundes; jene europäischen Kräfte schwächen die, in verschiedener Ausprägung, die Verantwortung für die neoliberalen Politiken tragen (Konservative, nationalistische Rechte, Liberale, Mehrheit der Sozialdemokraten und Sozialisten…), dabei die europäische Linke stärken, die sich immer gegen diese Politiken aufgelehnt hat.
2. Durch soziale und gewerkschaftliche Kämpfe neue Kräfteverhältnisse schaffen, um den sozialen Rechten und dem sozialen Fortschritt den Vorrang gegenüber den wirtschaftlichen Freiheiten und den Konkurrenzregeln zu sichern.
3. Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Dienste (Transport, Gesundheit, Energie, Bildung…) stoppen; gegen die Fragmentierung der nationalen öffentlichen Dienste durch privates Kapital, für europäische und grenzüberschreitende öffentliche Betriebe.
4. Die Umverteilung des Reichtums zugunsten der Lohnabhängigen und die allgemeine und bedeutsame Herabsenkung der besonders wöchentlichen Arbeitszeit zum allgemeinen Ziel der europäischen Politik erklären.
5. Arbeitszeit und Abeitsbedingungen: sich jeder Flexibilisierung der Arbeitszeitdirektive entgegensetzen; sie im Gegenteil durch Herabsetzung der maximalen Arbeitszeiten und Amplituden noch verstärken und somit der erfolgten Erhöhung der Produktivität Rechnung tragen; die “dezente Arbeit” und die Lohngleichstellung sowie die Gleichbehandlung auf allen Ebenen fördern; ein maximales Renteneintrittsalter für alle Länder festlegen.
6. Mindeststandards:
• Das Prinzip eines europäischen Mindestlohnes einführen, welcher nach dem Lebensniveau in jedem Land festgelegt wird.
• Eine Lohnindexierung auf europäischem Niveau einführen um die Lohnabhängigen gegen den Verlust ihrer Kaufkraft zu schützen.
• Ein Mindesteinkommen über dem Armutsniveau in jedem Land einführen, unter Berücksichtigung von garantierten Mindestleistungen bei den Sozialversicherungen und eines Universalzuganges zu den öffentlichen Diensten.
• Damit beginnen, solche Mindestnormen für die Gestaltung der großen ökonomischen Orientierungen einzuführen.
• Das Recht auf eine lebenswürdige Pension ebenso zum Grundrecht erklären wie das Recht auf eine Krankenversicherung, die die Behandlungskosten deckt, ohne auf private Versicherungen zurückgreifen zu müssen; die Verträge ändern, die bislang die Einkommensfrage allein den nationalen Gesetzgebungen vorbehalten.
7. Prekäre Arbeit: die Konstrukte von “falschen Unabhängigen” mit einer gemeinsamen Herangehensweise bekämpfen, die Direktiven über die Teilzeitarbeit, die Zeitarbeitsverträge und die Interimarbeit verstärken und harmonisieren und so einen soliden Sockel von gemeinsamen Rechten schaffen, um sich allen Versuchen der Verstärkung von prekärer Arbeit und Sozialdumping zu widersetzen.
8. Freie Zirkulation:
• Die Entsenderichtlinie verstärken durch wirksamen Schutz sowohl des Prinzips “gleicher Lohn für gleiche Arbeit”, als auch der öffentlichen Märkte und des Streikrechts; eine offene Liste von Kontrollmaßnahmen und einen Mechanismus der obligatorischen Solidarverpflichtung bei der ganzen Kette der Unterhändler und für alle Sektoren vorsehen; die Verstärkung der nationalen und multilateralen Kontrollen ermutigen, z.B. auf der Benelux-Ebene oder auf der Ebene der Großregion.
• Die Direktive über Entsendungen innerhalb der gleichen Gruppe bekämpfen und die volle Gleichbehandlung der Arbeitskräfte vor Ort garantieren, die innerhalb einer gleichen Betriebsgruppe in ein anderes Land entsendet werden.
• Verhindern, dass Luxemburg ein Teil dieser deloyalen Konkurrenz ist durch Aufnahme von Interim- und andere Gesellschaften, die ausschließlich über die Grenze hinweg arbeiten, zum Nachteil der Sozialrechte und des Arbeitsrechtes der Nachbarländer.
9. Jugendgarantie: die verfügbare Arbeit anders organisieren, u.a. durch eine allgemeine Reduzierung der obligatorischen Arbeitszeit; den Kampf gegen die Prekarität und die Flexibilisierung des Arbeitsrechtes verstärken; die Garantie für eine stabile und hochwertige Anstellung geben sowie für eine Ausbildung, die auch wirklich darauf vorbereitet; Industriepolitik neu starten und die öffentlichen Dienste weiterentwickeln.
10. Kündigungsschutz: die individuellen und kollektiven Rechte der Lohnabhängigen stärken gegen sog. “ökonomischen” Kündigungen u.a. aus Börsengründen.
11. Rechte der Lohnabhängigen: die kollektiven Rechte der Lohnabhängigen und der Gewerkschaften auf allen Ebenen stärken: Verhandlungsrechte bei Kollektivverträgen, Beteiligungsrechte innerhalb der Betriebe, konsultative Rechte bei ökonomischen und politischen Entscheidungen; Streikrecht auf allen Ebenen, einschließlich bei den Staatsbeamten.