Zu Gast im Land: In Syrien hält das Grauen an

(« Zu Gast » im Lëtzebuerger Land, 13. September 2013)

Frank Jost – Die Westmächte wollten wirklich kurzfristig militärische Angriffe in Syrien, doch konnten sie nicht durchführen, vorläufig nicht. Einmal hatten sie in den USA, Großbritannien und Frankreich die öffentliche Meinung gegen sich. Krieg durch noch mehr Krieg stoppen, das kann doch nicht aufgehen! Dann verweigerte paradoxerweise eine kleine Gruppe von rechten, euroskeptischen Tories ihrer Regierung die Gefolgschaft, so dass es in London keine Mehrheit mehr für einen Militärschlag gab. Nachdem nur noch wenige atlantische Mächte übrig waren, die eine Operation jenseits des internationalen Rechts und der UNO wagen wollten, führte die Initiative des russischen Außenministers zum Aussetzen der militärischen Lösung.

Das ist erst einmal gut so. Der geplante Militäreinsatz hätte gar nichts an der dramatischen Lage der syrischen Bevölkerung geändert. Er wäre vor allem ein Machtbeweis des Westens gewesen, ohne Aussicht auf eine spätere Minderung der Massaker. Es darf nicht vergessen werden, dass von den über 100.000 Toten des Bürgerkriegs, 99 Prozent durch konventionelle und nicht durch chemische Waffen umgekommen sind. Hingegen würde ein Militärschlag die Repressalien des barbarischen Regimes von Bachar Al-Assad eher verschärfen als bremsen und dahin wirken, dass der Krieg sich weiter in der Region ausbreitet.

Die Millionen Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens und die Millionen umherirrenden Männer, Frauen und Kinder in Syrien brauchen eine Unterstützung, die es ihnen erlaubt, sich von der Diktatur zu befreien. Es ist am syrischen Volk seinen Weg zu Demokratie, sozialer Gerechtigkeit und nationaler Dignität zu bestimmen, ohne dass die Großmächte in Ost und West dabei ihre Interessen in den Vordergrund stellen. Innerhalb der syrischen Opposition brauchen die fortschrittlich-weltlichen, demokratischen Kräfte Unterstützung auch gegen die Einflussnahme der Islamisten und der bewaffneten gangsterhaften Milizen, die aus der chaotischen Lage Profit ziehen.

Die dieser Tage bekannt gewordenen Aussagen des aus der Geiselhaft entlassenen Journalisten Quirico der Stampa zeigen, wie weit die Situation bereits verfault ist. Es kann auf die Dauer kein Überleben des Assad-Clans an der Spitze des syrischen Staates geben. Es kann aber noch unendliches Leid in der Zivilbevölkerung geben, bis dieses Regime am Boden liegt.

Die in Aussicht gestellte Isolierung und Auslieferung oder Vernichtung der chemischen Waffen ist wohl ein Erfolg, doch darf dieser nicht die schwierige Lage der demokratischen Opposition verdecken, die vor zwei Jahren in friedlichen Demonstrationen das Aufbegehren gegen Assad angestoßen hatte und nun unter der logistisch-militärischen Übermacht des verbrecherischen Regimes leidet und viel mehr Unterstützung braucht.

Wahlkampf hin oder her, es ist nun an der Zeit die Solidarität mit der demokratischen Opposition zu stärken, einen späteren Militärschlag der USA und Frankreichs zu verhindern, gegen Waffenlieferungen an Assad zu protestieren, den Zustrom importierter Islamisten zu unterbinden. Es muss auch Druck gemacht werden, dass die luxemburgische Präsenz im UN-Sicherheitsrat in diesem Sinn einwirkt. Trotz der verwirrenden Meldungen aus Syrien und auch aus den Ländern der Region, wo die demokratischen Revolten noch ihren holprigen Weg suchen, wird bei uns eine Friedensbewegung erneut gebraucht, damit das Morden ein Ende findet und der Nahe Osten besseren Zeiten entgegen geht.  

Frank Jost ist Mitglied des Koordinationsbüros von déi Lénk und Kandidat im Süden

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