Wir haben diesen Ort für unsere Aktion über die Wohnungsfrage ausgesucht, weil er ein blendendes Beispiel dafür ist, wie es nicht gemacht werden darf. Der Staat renoviert ein ganzes Viertelteil und versteigert es scheibchenweise und meistbietend an die Reichen. Das Projekt des „Fonds de Rénovation de la Vieille Ville“ an diesem Ort treibt die Immobilienpreise in schwindelerregende Höhen. Ein solches Verhalten der öffentlichen Hand – in diesem Fall des Staates und nicht der Stadt Luxemburg – ist skandalös und öffentlich verurteilt.
Wir wollen im Folgenden aber die Gesamtheit der Wohnungsbaufrage ansprechen und nochmals unsere Alternativen darlegen. Die Forderung nach bezahlbarem Wohnraum steht auf jedem Plakat in jedem Wahlprogramm. Einen glaubhaften Weg zum bezahlbaren Wohnraum steht nur in einem Wahlprogramm, dem von déi Lénk.
1. Wohnpreise und Einkommen
Die Mietpreise für Wohnungen sind zwischen dem 1. Trimester 2012 und 2013 um 8,81% gestiegen. In der Krise. Die geforderten Mietpreise für eine Wohnung mit 2 Schlafzimmern sind im 2. Trimester 2013, 1390€ mit 3 Schlafzimmern 1873 €. Der Mindestlohn (brutto) ist nach dem 1. Oktober 1921€ (unqualifiziert) und 2.300 € brutto. Zählt man die Wohnnebenkosten hinzu, dann braucht eine Familie einen Mindestlohn für die Finanzierung der Wohnung. So meldet der „observatoire de l’habitat“, dass 16.000 Haushalte zu eng wohnen und 18.000 im „surrégime financier“, d.h. sie zahlen mehr als sie sich eigentlich leisten können.
Im europäischen Vergleich sind die Armen Luxemburgs im allgemeinen besser gestellt. So geben fast alle Haushalte an, dass sie sich immerhin eine Mahlzeit mit Fleisch (oder Äquivalent) an jedem 2. Tage leisten können. Im Wohnbereich stimmt das nicht: 66,4% der armen Haushalte geben an, dass für sie die Wohnkosten schwer erträglich sind, gegenüber 48,7% im europäischen Durchschnitt (15 Länder). 57,3 der Alleinerziehenden geben in Luxemburg dieselben
Schwierigkeiten an, in Europa (15) sind es nur 45,3%.
2. Zahlen zum öffentlichen Wohnungsbau – die Kritik von déi Lénk
Ein couragierter hoher Staatsbeamter aus dem Wohnungsbauministerium, demissionäres Mitglied des Verwaltungsrates des „Fonds du Logement“ hat es auf den Punkt gebracht: Im Zeitraum 2002-2012 baute der Fonds du Logement jährlich durchschnittlich 63 Wohnungen, davon nur 27,5 Mietwohnungen. Die SNHBM machte es etwas besser. In fast 35 Jahren baute der Fonds du Logement nur 1703 Mietwohnungen. Die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften sind viel zu schwach aufgestellt. Die neuerdings vom Wohnungsbauminister ankündigten Baupläne entbehren jeder realistischen Grundlage und sind nicht zeitlich festgelegt.
Es ist eine Illusion zu glauben, wie die Liberalen es (kaum noch) glauben, dass der Markt die Situation regeln kann. Der Wohnungsmarkt ist kein Markt wie ein anderer, eine Wohnung ist keine Ware, wie eine andere. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage ist pervertiert. Wenn ein europäisches Auto zu teuer ist, kann man ein koreanisches oder rumänisches kaufen. Man kann keine koreanische oder rumänische Wohnung kaufen oder mieten. Der Wohnungsmarkt hängt immer noch an vorkapitalistischen Zuständen, wie der Grundrente. Es ist ein gefesselter Markt.
3. Die Alternative ist der massive öffentliche Wohnungsbau
déi Lénk treten dafür ein, dass die öffentlichen Wohnungsbauprogramme drastisch erhöht werden und haben berechnet, dass der Wohnungsbau – zählt man den privaten und den öffentlichen zusammen – 6.500 Einheiten pro Jahr zählen muss, um dem aktuellen Mangel und der demografischen Entwicklung gerecht zu werden. Die bestehenden Gesellschaften müssen ausgebaut, andere, regionale und lokale müssen hinzu kommen.
Der öffentliche Wohnungsbau ist kein „Defizitgeschäft“. Öffentliche Mietwohnungen bringen Mieten ein, auch wenn sie reguliert und gestaffelt sind, die die Investierung amortisieren. Der Wohnungsbau ist konjunkturfördernd, arbeitsintensiv und außerordentlich diversifizierend, genau das alles, was das Land in diesen Zeiten braucht.
Ohne resoluten Kampf gegen die Bodenspekulation ist eine Lösung der Wohnungsmisere nicht zu finden. Wir sollten darüber nachdenken, wie man auf lokalem oder regionalem Plan eine öffentliche Katasteranalyse vornehmen kann, aus der man präzisere Wohnungsbauvorschläge ableiten kann, die nicht einfach daraus bestehen, einfach die Erweiterung der Perimeter anzustreben, die der Zersiedlung Vorschub leisten.
Öffentlicher Wohnungsbau ist für uns kein Wohnungsbau für die „Armen“, sondern für die „Normalen“. Haushalte in extremer Prekarität brauchen zusätzlich besondere Maßnahmen, wie es z.T. bereits durch die „Wunnengshëllef“ getan wird.
4. Die Bremsen der Tabus und die Verantwortung der Gemeinden
Viele Gemeinden wollen keinen öffentlichen Wohnungsbau, weil sie glauben, sie ziehen damit arme Familien an, die sie nicht wollen. Abgesehen davon, dass die „gentrification“, (die Sorge chic zu sein und nur wohlhabende Schichten in der Bevölkerung zu haben und die Haushalte mit bescheidenem Einkommen zu verdrängen) eine Einstellung ist, die zu verwerfen und zu bekämpfen ist, beruht sie auch auf einer Illusion. Auch in Luxemburg braucht es öffentlichen Wohnungsbau, nicht für die ärmsten der Armen, sondern für die „Normalen“. In den Niederlanden, dem liberalsten Land Europas, sind 32% der Wohnungen öffentliche Mietwohnungen, in Frankeich immerhin noch 17%, in Luxemburg weniger als 2%. Das kann nicht so weitergehen.
Die Gemeinden fühlen sich durchwegs nicht für öffentlichen Wohnungsbau verantwortlich. Sie verweisen auf Fonds du Logement und SNHBM. Das muss sich ändern. Deshalb fordert déi Lénk, dass es das Ziel sein muss, dass jede Gemeinde über 10% öffentliche Wohnungen verfügt. Um das auch zu erreichen, soll die Dotation (die Transferts von Geldern vom Staat an die Gemeinden) teilweise von dieser 10%-Richtlinie abhängig gemacht werden. Auch der kommunale Wohnungsbau, würde er denn stattfinden ist kein Verlustgeschäft, im Gegenteil: er wird zu 70% subventioniert. Die Gemeinden, die Mietwohnungen besitzen, verdienen Geld daran.
Ebenso fordert déi Lénk, dass die fakultativen Bestimmungen des Wohnungspaktgesetzes, dass die leer stehenden Wohnungen und das brachliegende Bauland viel stärker besteuert werden können, obligatorisch und verallgemeinert werden. Das kann zu einer gewissen Entspannung auf dem Markt führen. Es handelt sich um abertausende Immobilien.
5. Besser Wohnen und Leben
déi Lénk werden sich in nächster Zeit verstärkt mit den Rechten der Mieter befassen indem wir uns auch direkter an sie wenden, eine Mietobergrenze fordern, die obligatorische Einschreibung des Wohnungswerts in die Mieterträge und die Aktivierung auf Aufwertung der Mietkommissionen fordern. Eine besondere Aufmerksamkeit wird dabei der Unterstützung der Alleinerziehenden gelten.
déi Lénk fordern die Altbausanierungen auch für Mietwohnungen und eine Reform des Energiepasses.
Wir werden für den gesetzlichen Schutz neuer Formen des Zusammenwohnens eintreten und auch für Wohnrechte für junge Menschen eintreten.
Es geht aber nicht nur um Forderungen gegenüber Staat, Gemeinden, Promotorenlobby und Spekulanten. Es bedarf einer breiten Diskussion über ein besseres Leben in unseren Städten und Ortschaften. In dieser Diskussion sind manche Tabus zu durchbrechen.
Die städtische Lebenskultur, die in Luxemburg keine große Tradition hat, muss einen Paradigmenwechsel erfahren. Stadtzentren müssen lebenswert sein, kulturell, ökologisch, kinderfreundlich, architektonisch bezaubernd und nicht nur kommerziell anziehend und businessdominant. In dieser Frage ist schöpferische Imagination gefordert und der werden wir uns stellen.