“Etat d’urgence“: Kein Blankoscheck für die Regierung!

Bei der gestrigen Sitzung der Verfassungskommission der Abgeordnetenkammer stand ein von Präsident Alex Bodry (LSAP) eingebrachter Entwurf zur Abänderung von Artikel 32 (4) der Verfassung zur Diskussion. Dieser Artikel gibt heute schon der Regierung freie Hand bei der Ausrufung des Ausnahmezustandes im Falle einer „internationalen Krise“. Die Regierung kann dann ohne Kontrolle durch die Abgeordnetenkammer Reglemente erlassen, die während 3 Monaten Gesetzeskraft erhalten. Diese Bestimmung soll im Zuge der allgemeinen Verfassungsreform auf eine „nationale Krise“ ausgedehnt werden können. Unter dem Eindruck der Ereignisse in Paris schlägt die Mehrheit im Parlament nunmehr im Einverständnis mit der CSV vor, diese Verfassungsänderung jetzt schon durch das Parlament zu bringen. Dahinter steht die Absicht, im Falle des Eintretens der Stufe 3 des VIGILNAT-Planes (Feststellung einer „wahrscheinlichen und konkreten Terrorgefahr“) außergewöhnliche Maßnahmen wie u.a. systematische Personenkontrollen und Durchsuchungen besser durchführen zu können.

Dazu sagte nach der Sitzung Serge Urbany, Vertreter von déi Lénk in der Verfassungskommission: „Beim „état d’urgence“ geht  es nicht um Unfälle in Cattenom oder den Bruch des Staudammes. Dazu haben wir alle Instrumente in der Hand um zu reagieren. Die Polizei und die Justiz haben auch heute schon weitgehende Möglichkeiten um der wirklichen Terrorgefahr zu begegnen, besonders wenn sie schon „wahrscheinlich und konkret“, also identifizierbar ist. Der Ausnahmezustand in Frankreich zeigt uns auch, dass es um eine generelle Einschränkung der Versammlungsfreiheit und anderer Grundrechte geht. So konnten ökologische Militanten im Zusammenhang mit der COP21 durch den Ausnahmezustand sogar unter Hausarrest gestellt werden. Es geht dabei immer auch um die „öffentliche Ordnung“ so wie sie die Regierungen verstehen. Wir sind deshalb der Meinung, dass man solchen Versuchungen dadurch entgegenwirken sollte, indem man in der Verfassung festlegt, dass alle Ausnahmemassnahmen (und nicht, wie vorgesehen, nur die Feststellung des Ausnahmezustandes an sich) nach 10 oder 12 Tagen vom Parlament in einem Gesetz entweder bestätigt oder aufgehoben werden. Außerdem muss man bei der Definition des „état d‘urgence“ selber jeden politischen Coup d‘Etat durch eine parlamentarische Mehrheit ausschließen.“

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