Zwischenbilanz einer Privatisierung

Zu Gast am Land

Die Privatisierung kommunaler Betriebe gehört zur Programmatik fast aller Parteien, ist aber im Wahlkampf ein eher unbeliebtes Thema seitens der BefürworterInnen. Beispielhaft für die Public-Privat-Partnerships (PPP) ist das Oberkorner Schwimmbad, dessen private Betreibung von DP und Grünen beschlossen und später von Grünen, LSAP und CSV weitergeführt wurde. Es ist an der Zeit eine Zwischenbilanz für dieses Projekt zu ziehen.

2014 übergab die Gemeinde Differdingen Schwimmbad, Fußballstadion und Parkhaus an eine Privatfirma. Durch das PPP wurde das kommunale Frei- und Hallenbad Oberkorn zum Aquasud Wellness-Center der Firma Vert-Marine. Beim Umbau konnten Zeitplan und Budget eingehalten werden, die neue Anlage ist energieeffizienter und der Wasserverbrauch niedriger, die Betriebskosten sind demnach auch gesunken. Ja, das Aquasud ist besser ausgestattet, eine Modernisierung ist aber grundsätzlich auch in kommunalen Betrieben möglich, wie es die Schwimmbäder Strassen-Bartringen und Niederanven beweisen. Allerdings konnte durch die private Betreibung tatsächlich viel Geld eingespart werden, hauptsächlich durch die Senkung der Personalkosten. Es gelten jetzt anstelle des Kollektivvertrags der Süd-Gemeinden die Gehälter des Privatsektors. Weitere Einsparungen gibt es durch präventive Schließungen des Freibads bei schlechten Wettervorhersagen, da das Personal dann nur an rentablen Tagen eingesetzt werden muss. Auch durch feste Zeiten für bestimmte Besuchergruppen werden die Präsenzzeiten des Personals reduziert: Vormittags ist das Bad für reguläre Gäste geschlossen, Nachmittags dürfen keine Schulklassen und Maison-relais-Gruppen ins Bad. Die Rutschen sind für die Schulgruppen nur an einem Tag am Ende des Trimesters geöffnet.

Dass das Bad nun auch im Sommer öfters geschlossen blieb wurde zum Gegenstand einer Polemik, der Impakt der Privatisierung geht aber viel weiter. Die Privatisierung stellt erstens einen Demokratiedefizit dar. Die Einwohnerinnen und Einwohner haben weniger bis gar keinen Einfluss auf die Verwaltung des Schwimmbads, zudem ist das Vertragswerk zwischen Gemeinde und Betreiberfirma geheim. Zweitens werden die sozialen Nebenkosten des Unterfangens ignoriert. Durch die minimalen Gehälter des Personals, die vielen Interimsverträge und die Auslagerung von Aufgaben an eine (fragwürdige) Sicherheitsfirma erhöht sich die Zahl der Menschen im Niedriglohnsektor. Die wenigsten Angestellten werden sich eine Wohnung in Differdingen leisten können – was wiederum eine größere Verkehrsbelastung mit sich zieht und natürlich der auch im Blau-Grünen Koalitionsvertrag aufgezeichneten “Stadt der kurzen Wege” widerspricht. Drittens wird die Zusammenarbeit mit Schulklassen und Maisons-Relais erschwert, ein Minus also für das kommunale Betreuungs- und Erziehungsangebot.

Das Schwimmbad in Oberkorn ist eine soziale, hygienische und sportspolitische Errungenschaft der Schmelzstadt, seit 1936 befand es sich in öffentlicher Hand. Die auf Fun, Konsum und Rentabilität ausgerichtete Privatbetreibung steht dem ursprünglichen Charakter entgegen. Es gibt Alternativen zu Privatisierungen, das zeigt auch der Trend zur Rekommunalisierung, den der deutsche Städte- und Gemeindebund schon 2013 belegte. Vorstellbar wäre zum Beispiel eine Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaft zwischen zwei Gemeinden, etwa mit der Gemeinde Sanem, die über keine eigenen Bäder verfügt. Der kommende Wahlkampf gibt die Gelegenheit über solche Alternativen zu diskutieren – und abzustimmen.

Gary Diderich, Gemeinderat Differdingen, Sprecher déi Lénk

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