Communiqué: Eine Bankrotterklärung der Regierung

Während eines Interviews auf Radio 100.7 am Samstag konnte, bzw. wollte Premierminister Xavier Bettel eine erneute Ausrufung des Notstands nicht ausschließen. Er meinte, man müsse über einen neuen „Etat de crise“ diskutieren, sollte das Parlament nicht fähig sein, Gesetzesvorschläge der Regierung innerhalb von 3 Tagen zu stimmen.

déi Lénk sind alarmiert durch solche Aussagen, die einer Erpressung des Parlaments durch die Regierung sehr nahekommen. Wir erinnern daran, dass déi Lénk im März den Notstand mitgestimmt haben, wenn auch mit großem Vorbehalt und unter der Bedingung, dass das Parlament zu jedem Moment einbezogen würde. Damals war nicht von der Hand zu weisen, dass sehr kurzfristig Maßnahmen getroffen werden müssen. Heute stellt sich die Situation jedoch anders dar und déi Lénk können keinen zweiten Notstand gutheißen, unabhängig von der Frage, ob dieser verfassungskonform wäre.

Es steht fest, dass auch jetzt angesichts der steigenden Infektionszahlen kurzfristige Maßnahmen getroffen werden müssen. Übrigens nicht nur zur Einschränkung von individuellen Freiheiten, sondern auch zur Sicherung der Lebensgrundlagen vieler Menschen, die durch den Verlust des Arbeitsplatzes, Kurzarbeit oder Kündigung des Mietvertrags innerhalb kürzester Zeit in prekäre Situationen geraten sind. déi Lénk sind bereit, konstruktiv an nötigen Gesetzen mitzuarbeiten und dies auch innerhalb kürzester Zeit. Wir weisen jedoch darauf hin, dass die meiste Zeit zwischen den Ankündigungen der Regierung und der Veröffentlichung der jeweiligen Gesetze nicht während des legislativen Prozesses verloren geht, sondern während des Wartens auf die Gesetzesentwürfe der Regierung. Da diese Entwürfe sehr kurzfristig ausgearbeitet werden, sind sie zudem oft schlecht formuliert, was den legislativen Prozess zusätzlich verzögert. Ein zweites Aushebeln des demokratischen Prozesses wäre demnach weder gerechtfertigt, noch würde es die Handlungsfähigkeit der Politik entscheidend beeinflussen.

Vielmehr stellte ein zweites Ausrufen des Notstandes eine Bankrotterklärung der Regierungspolitik dar. Entgegen aller Beteuerungen von Xavier Bettel und Paulette Lenert war sehr wohl eine zweite Infektionswelle im Herbst vorauszusehen. Demnach lag es in der Verantwortung der Regierung, bereits im Sommer verschiedene Szenarien auszuarbeiten, mit passenden Gesetzentwürfen, die gegebenenfalls innerhalb kürzester Zeit vorgelegt und abgestimmt werden könnten. Dieses Versäumnis kommt der Regierung nun teuer zu stehen, darf jedoch nicht auf dem Rücken des Parlaments ausgetragen werden. Wenn Premier Xavier Bettel nun über einen zweiten Notstand nachdenkt gibt er somit indirekt zu, dass seine Regierung riskiert die Kontrolle aufgrund unzureichender Vorbereitung zu verlieren. déi Lénk sind jedoch überzeugt, dass das Parlament gut aufgestellt ist, um auch kurzfristige Maßnahmen zu treffen und stellen sich daher vehement gegen einen zweiten Notstand, der ein weiteres Mal die demokratischen Prozesse aushebeln würde.

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