« Unternehmerische Freiheit“ nannten die Herren Pascal Einhorn und Frédéric Castera ihr Geschäftsmodell, mit dem sie die Geschäftswelt in der Hauptstadt aufmischen und das schnelle Geld machen wollten. Mit dem Resultat, dass 19 Geschäfte ihre Türen schließen und 70 Beschäftigte von heute auf morgen auf die Straße fliegen! Auf 60-80 („sieben bis acht Prozent von 900“) schätzt Guill Kaempff, Präsident des hauptstädtischen Geschäftsverbandes, die Anzahl der Geschäfte die jährlich in der Hauptstadt „schließen und nach einer Weile wieder öffnen.“
Auch der erfolgsverwöhnte Anton Schlecker hatte die „unternehmerische Freiheit“ die gesamte europäische Schlecker-Kette gegen die Wand zu fahren. Die Übernahme durch „daily“ brachte nur einen Aufschub. Wenn bis Ende September kein Übernehmer gefunden wird, werden die 28 Verkaufsstellen in Luxemburg schließen und weitere 120 Angestellte ohne Arbeit sein!
Dubiose Geschäftemacher …
Überhöhte Mieten für Geschäftslokale „in besonders günstigen Lagen“ zwangen alt-eingesessene Geschäfte beim Auslaufen der Mietverträge zum Aufgeben. Ein zusätzliches „Schlüsselgeld“ (ein „Kommission“ die der neue Mieter an den bisherigen Mieter zahlt) bis in Millionenhöhe ließ Traditionshäuser kapitulieren. „Wir haben die Marken, die uns erlauben, einen höheren Umsatz zu machen“, prahlten die Einhorn und Castera. „Deswegen können wir auch etwas mehr Miete zahlen.“ Und „an der Kundschaft für die Luxusboutiquen fehlt es nicht“. So bauten sie ein Imperium auf, mit verschachtelten Gesellschaften, von denen sie jetzt den größten Teil – bisher deren 20 an der Zahl – über Nacht bankrott erklären. Übrig bleiben ein Finanzloch von mehreren Millionen Euro, sowie rund 70 Mitarbeiter/innen die einen neuen Job finden müssen oder arbeitslos sind. Und schon stehen dieselben und neue Marken und Geschäftemacher bei der Konkursverwalterin an, um zu übernehmen …
Es geht auch anders!
Für die alt-eingesessenen Geschäfte gab es überhaupt keinen Schutz. Wenn ihr Mietvertrag ausgelaufen ist, müssen sie bei den Mieterhöhungen mithalten oder aufgeben. Das konnten viele sich nicht leisten. Deshalb muss das Mietgesetz für kommerzielle Mieten im Sinne des Schutzes der bisherigen Mieter verbessert werden! Auch der Geschäftsverband hat den Traditionsbetrieben nicht geholfen. Im Gegenteil: der Geschäftsverband setzte sich dafür ein, die Praxis der „Schlüsselgelder“ gesetzlich zu verankern, statt sie zu verbieten!
Die Konkursverwalterin deckt auf, dass jahrelang keine Sozialversicherungsbeiträge, keine Steuern und Mieten bezahlt wurden! Jeder wusste Bescheid, niemand hat reagiert! Enregistrement, Steuerverwaltung und Sozialversicherung müssen rechtzeitig reagieren, wenn es Zeichen auf Insolvenz gibt!
Eine Personalvertretung, die hätte reagieren können, gab es nicht! Die cleveren Geschäftemacher haben nämlich für jedes Geschäft eine andere Gesellschaft gegründet. Obschon das gesamte Personal – es geht die Rede von rund 200 Angestellten – ein und denselben Arbeitgeber hatte, beschäftigte kein einziges Geschäft mehr als 15 Leute, so dass nirgends eine Personaldelegation gewählt werden musste und niemand vor Ort reagieren konnte! Es wird höchste Zeit dass das Personalvertretungsgesetz geändert wird – so wie déi Lénk dies in einer Gesetzesinitiative vorgeschlagen haben – damit das Personal eines solchen Arbeitgebers gemeinsam eine Personalvertretung wählen kann und diese auch Einsicht in die Geschäftsbücher erhalten muss, um rechtzeitig auf solche Alarmzeichen regieren zu können.
Nicht zuletzt brauchen wir eine andere Städteplanung, die in allen Vierteln, auch im Stadtkern Wohnungen zu erschwinglichen Preisen schafft und wohnortnahen Einzelhandel („commerce de proximité“) fördert, statt die Mieten in derartige Höhen schnellen zu lassen und alt-eingesessene Geschäfte zu vertreiben. Dafür ist die Gemeinde zuständig; es wird höchste Zeit, dass die Stadtplanung und die Bebauungspläne dem normalen Menschen Vorrang vor Schicki-Mickis und skrupellosen Geschäftemachern gewährt.
Das Flugbatt von déi Lénk Zentrum kann hier als PDF heruntergeladen werden.