Solidaritätspakt mit wem?

Die Reform des Mietgesetzes sieht einen Solidaritätspakt zwischen WG-Bewohner*innen vor. Die Solidarität soll aber zwischen den Schwächsten auf dem Wohnungsmarkt spielen, anstatt zwischen denen die haben und denen die brauchen. So als würde sich Solidarität in Corona Zeiten nur zwischen Risikopatienten abspielen. Diese ungleiche Verteilung der Möglichkeiten zieht sich seit Jahrzehnten durch die ganze Wohnungsbaupolitik und wird durch aktuelle Projekte nur kosmetisch verschönert, die Grundausrichtung bleibt. Besitz wird in Luxemburg massiv durch die öffentliche Hand bezuschusst. Von rund 600 Millionen Wohnungsbeihilfen an Bürger*innen kommen den Mieter*innen nur 7 Millionen für den Mietzuschuss und 37.000 € für die Mietgarantie an direkten Hilfen zu Gute. Wenn die Steuernachlässe und Beihilfen zur energetischen Sanierung noch hinzugerechnet werden, wird die Diskrepanz noch größer und sie nimmt auch zwischen kapitalstarken Eigentümer*innen und kleinen Hausbesitzer*innen zu. Das Prinzip “wer hat kann noch mehr kriegen” wird durch den Incentive-Ansatz bei Subventionen, wie auch bei der Evaluation der Kreditwürdigkeiten durch die Banken, verstärkt.

Mit einer Rendite von 5% auf dem in eine Wohnung investiertes Kapital bei null Zinsen auf dem Sparkonto wird Wohnen immer mehr zur Ware und immer weniger zu einem Grundrecht für alle. Dazu kommt, daß das letzte Woche deponierte Gesetzesprojekt weder die 5% herabsetzt, noch die Subventionen aus dem investierten Kapital herausrechnet. Vielmehr wird die Philosophie vom Gesetz von 2006 bezüglich des investierten Kapitals total verwässert. Es wird als Präzisierung des Begriffs des investierten Kapitals verkauft, ist in Wahrheit aber ein Türöffner für weitere Schlupflöcher, um an dem real investierten Kapital für Kauf und Bau vorbeizukommen. Was sonst ist die Begründung, bei gratis Weitergabe des Wohnungseigentums, den Wert ohne Aufwertung der Wohnung an den Marktwert anzugleichen? In der Gesetzesreform wird mit folgendem Satz fast nebensächlich ein neues Prinzip eingeführt, welches wieder einmal nur denen zu Gute kommt, die schon viel haben und im Grunde keine weiteren Hilfestellungen vom Staat benötigen: “Toutefois, en cas d’acquisition à titre onéreux ou gratuit, le prix d’acquisition indiqué dans l’acte authentique translatif de propriété respectivement la valeur indiquée dans la déclaration de succession, et les frais en relation avec l’acte respectivement la déclaration, sont présumés correspondre au jour de la signature de l’acte au capital investi, réévalué et décoté.“ Das Gesetz von 2006 hatte ein sinnvolles Ziel, nämlich die Eigentümer dazu zu bewegen, in ihr Haus zu investieren. Mit der erwähnten Passage des Gesetzes wird dieses komplett verwässert. Es reicht dann, die Wohnung an ein Familienmitglied zu verschenken damit die Miete legal z.B. von 114 € (ohne Investitionen seit 1931) bis 268 € (bei regelmässigen Investitionen) auf über 3.000 bis4.000 € für eine Wohnung in Luxemburg-Stadt erhöht werden kann[1]. Vielen die nicht das Glück haben und ein paar Wohnungen in den Schoss gelegt bekommen, bleibtalso nichts anderes übrig als in WG’s zu wohnen. . Um auch diese Entwicklung im Sinne der Vermieter*innen zu gestalten, werden die WG-Bewohner*innen gezwungen solidarisch zu sein; fällt eine Person aus und bezahlt keine Miete, müssen die anderen mitbezahlen. Somit bekommen die Gemeinden, die gegen WG’s in den Kampf ziehen, neben der missbräuchlichen Anwendung des PAG’s und wilkürlicher Anmeldungspraktiken (WG Bewohner. in Esch werden z.B im Warteregister ohne Rechte geparkt), noch ein weiteres Instrument an die Hand damit sie keine Risikopatienten mehr bei sich aufnehmen müssen.

Gary Diderich

Gary Diderich ist Co-Sprecher von déi Lénk, Gemeinderatsmitglied und Präsident der Mietskommission in Differdingen


[1]                 Beispiel aus der Präsentation des Wohnungsbauministerium vom 16/11/2006 zum neuen Gesetz, Seite 8

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