(« Zu Gast » im Lëtzebuerger Land, 1. März 2013)
Frank Jost * Finanzinstitute bezahlen keine Mehrwertsteuer. Von dort, wo der meiste Mehrwert geschaffen wird, kommt nichts in die Staatskassen. Hingegen errechnet die europäische Kommission, dass die Rettungsmaßnahmen für die Banken, die von den europäischen Steuerzahlern aufgebracht wurden und die sich anschließende Schwäche der Wirtschaft die öffentlichen Finanzen in Europa um 20% im Vergleich zum BIP verschlechtert haben.
Das eben von der Europäischen Kommission vorgelegte Projekt einer Direktive des Rates über eine verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Finanztransaktionssteuer (FTT) wird voraussichtlich nur von 11 Mitgliedsstaaten getragen werden, darunter Deutschland, Frankreich und Italien. Diese Länder machen 90% der Wirtschaftsleistung der Eurozone aus. Luxemburg steht abseits. Eine Diskussion über die Gründe einer Teilnahme oder einer Ablehnung will nicht recht anlaufen.
Dass Luxemburgs Finanzminister Frieden mauert und als Argument die drohende Abwanderung der ansässigen Finanzinstitute in Steuerparadiese (sic) anführt ist wohlbekannt. Friedens Argumentation lahmt aber immer mehr aufgrund der letzten Entwicklungen. Eine Abwanderung nach den „reinen“ Steuerparadiesen in der Karibik kann er ohnehin nicht verhindern. Innerhalb der EU aber wird die FTT weitgehend eine flächendeckende Anwendung finden und zwar auch für die in Luxemburg ansässigen Finanzinstitute. Schon das ursprüngliche Projekt einer Direktive, die für alle Länder angedacht war, hatte vorgesehen, dass die FTT erhoben wird sofern eines der transagierenden Finanzinstitute in einem „FTT-Land“ liegt. Die neue Fassung für die 11 FTT-Länder sieht zusätzlich zu diesem Niederlassungsprinzip („principe du lieu d’établissement“) vor, dass noch ein Prinzip der Auflegung („principe du lieu d’émission“) hinzukommt.
So wird es denn nicht mehr so viele Transaktionen geben, die der FTT entkommen. Paradoxal ist, dass nun potentielle Steuern aus Luxemburg in die FTT-Länder fließen werden. Noch paradoxaler: Weil bisher noch vorgesehen ist, dass wenigstens ein Teil der erhobenen FTT ins magere Budget der Union einfließen könnte und weil aber Deutschland, England und andere eine Erhöhung dieses Budgets verhindert haben, wird der Anteil der, an die EU abgeführten FTT-Gelder dem geschuldeten Länderbeitrag abgerechnet. Für Luxemburg kommt dies also nicht in Frage.
Wie steht es nun mit dem Verhältnis zwischen den Mehreinahmen einer möglichen FTT in Luxemburg und dem Verlust der „taxe d’abonnement“? Laut ALFI (die gegen die FTT ist) würden die finanziellen Probleme des Staates mit der Einführung der FTT schlagartig gelöst. Die Kommission schätzt den Ertrag der FTT auf 31 Milliarden Euro. Luxemburg wäre wegen des Gewichts seines Finanzplatzes überproportional daran beteiligt. Übrigens stimmt es nicht, dass die „taxe d’abonnement“ obligatorisch (laut den Bestimmungen der Direktive) ganz abgeschafft werden müsste. Das Kapitel V des Entwurfs einer Direktive erlaubt weiterhin eine Registrierungsgebühr, wenn diese denn realen Unkosten und Dienstleistungen entspricht.
Luxemburg isoliert sich immer mehr in Europa. Luxemburg beschwört das Gespenst der Steuerparadiese und benimmt sich selber wie eines. Es verhindert, dass die aufgepäppelte Finanzwelt endlich zur Kasse gebeten wird; dass die Mehrwerte endlich wieder in die Realwirtschaft fließen können; dass die öffentlichen Haushalte wieder regulierend eingreifen können. Schluss jetzt mit dem Isolationismus!
* Frank Jost ist Mitglied des Koordinationsbüros von déi Lénk