Die europäischen Machthaber errichteten ein Europa weit entfernt von den Bevölkerungen, die es doch als Erste angeht. Oft haben die seltenen Volksbefragungen die europäischen Politiker abgestraft, worauf diese in Panik gerieten. Anstatt die Forderungen der Menschen zu beachten, entschieden sie sich, sie zu übergehen, ihnen ihre Politik aufzuzwingen und die Souveränität des Volkes zu missachten. Zwar gab der Vertrag von Lissabon dem Europäischen Parlament mehr Kompetenzen, aber die Praxis der undemokratischen Beschlussfassung hat seither noch zugenommen. Schlimmer: das Grundprinzip der Gewaltenteilung wird verhöhnt durch die Anwendung des europäischen Stabilitätsmechanismus, der die Europäische Kommission ermächtigt, Staaten zu bestrafen. Diese Behörde, die aus nicht-gewählten Mitgliedern besteht und den Brüsseler Lobbygruppen dient, kumuliert nun die Gewalten der Gesetzgebung, der Ausführung und der Rechtsprechung. Dies widerspricht den elementarsten demokratischen Prinzipien und verlangt eine entschiedene Reaktion. Jedoch liegt angesichts des gescheiterten Aufbaus Europas die Alternative nicht im Rückzug auf den Nationalstaat. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass wir es heute mit europäischen und gar weltweiten Problemen zu tun haben. Deshalb wollen wir diese Herausforderungen angehen, indem wir die transnationalen fortschrittlichen Kräfte sammeln und die demokratische Mitbestimmung in den Entscheidungsprozessen stärken.
déi Lénk wollen:
1. Einen verfassungsgebenden Prozess in die Wege leiten, nach einer breiten Debatte über die Mittel und Ziele Europas. Ein solches Projekt, aufgebaut auf Solidarität, auf sozialer Gerechtigkeit, auf einer wirklichen demokratischen Kontrolle der Wirtschaft und der Institutionen und auf der Gleichheit zwischen Männern und Frauen, verlangt einen notwendigen institutionellen Bruch mit dem jetzigen antidemokratischen Verfall.
2. Die Macht des europäischen Parlaments stärken, durch Verleihung des gesetzgeberischen Initiativrechts und der Zuständigkeit für die Einnahmen der EU. Die Europäische Kommission hat in ihrer jetzigen Funktionsweise keine Legitimation. Die Beziehungen zwischen dem Europaparlament und den nationalen Parlamenten müssen verstärkt und institutionalisiert werden, genau wie die Initiativrechte der Bürger.
3. Das Referendum zur Vorbedingung machen, ohne die kein europäischer oder internationaler Vertrag in Kraft treten kann. Damit die Bevölkerung in Kenntnis der Sachlage entscheiden kann, müssen alle Verhandlungen transparent geführt werden, begleitet von einer öffentlichen Debatte.
4. Ein europäisches politisches Subjekt mitaufbauen, das die Interessen der arbeitenden Menschen auf einer transnationalen Ebene vertreten kann. Wenn die europäischen Völker zueinander in Konkurrenz gesetzt werden, sei es wirtschaftlich durch neoliberale politische Kräfte, sei es national durch politische Kräfte der radikalen oder extremen Rechten, kann dies nur zu modernen Formen der Barbarei führen. Bei vollem Respekt des Rechtes eines jeden Volkes, seine Beziehungen zur Europäischen Union in ihrer heutigen Form souverän zu gestalten, betonen wir ausdrücklich die Notwendigkeit einer engeren Union der europäischen Völker, in erster Linie der europäischen Lohnabhängigen.
5. Die europäische Staatsbürgerschaft erweitern, indem im Prinzip alle Einwohner, unabhängig davon, ob sie aus der EU stammen oder aus Staaten außerhalb der EU, sich politisch an allen Wahlen beteiligen dürfen. Die europäische Staatsbürgerschaft existiert jetzt schon de facto durch die Freizügigkeit (libre circulation) der Personen und durch die Möglichkeit, an kommunalen und europäischen Wahlen teilzunehmen.
6. Die Möglichkeit von gemeinsamen Volksentscheidungen fördern, wie ein Referendum durch Volksinitiative oder das Einbringen eines Gesetzvorschlags. Die Entscheidung über die Berücksichtigung dieser Texte darf nicht bei der Kommission oder dem EP liegen, sondern muss automatisch erfolgen, wenn die nötige Zahl an Unterschriften erreicht ist.
7. Die nationalen und europäischen Kompetenzbereiche neu definieren. Dazu müssen die politischen Weichenstellungen gestellt und die Entscheidungen identifiziert werden, die auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene zu treffen sind. Transnationale Regionen mit wirtschaftlichen und sozialen Besonderheiten sollen verstärkt zusammenarbeiten. Eine solche Kooperation braucht neue demokratische Prozeduren, bei voller Garantie des Prinzips der Volkssouveränität auf nationaler Ebene. Im Rahmen einer solchen Zusammenarbeit müssen die gewählten Organe der verschiedenen territorialen Einheiten der transnationalen Regionen eine Hauptrolle bekommen.
8. Die Geheimdienste, also auch den neuen EU-Geheimdienst „European Union Intelligence Analysis Center”, sowie den Datenaustausch abschaffen. Eine Demokratie kann nicht in einem Überwachungsstaat gedeihen. Dies gilt auch für die Gründung eines europäischen Sicherheitsdienstes, der verschiedene Agenturen wie Frontex, die Antiterror-Kooperation, Europol und Eurojust vereinen soll. Das INDECTÜberwachungssystem muss aufgegeben werden und das E-call-System zur Geolokalisierung jedes Fahrzeugs darf nicht obligatorisch werden. Whistleblower müssen geschützt werden und wenn nötig das Asylrecht bekommen (z.B. Edward Snowden).
9. Aus Europa ein wirklich demokratisches und emanzipatorisches Projekt machen, das allen Bürgern die gleichen Rechte garantiert, wozu auch ausdrücklich das Recht auf freiwilligen Schwangerschaftsabbruch und das Recht auf homosexuelle Eheschließung gehören.