Gestern war nicht nur ein schwarzer Tag für den Rechtsstaat, sondern auch für die Pressefreiheit. Unverhohlen hat CSV-Präsident und Deputierter Michel Wolter im Namen seiner Fraktion die CSV-Abgeordneten und ihre Mitarbeiter vom Quellenschutz „entbunden” und forderte den 100,7-Journalisten auf, seine Quelle preiszugeben. Quellenschutz für Journalisten ist nicht umsonst gesetzlich verankert: er dient ihnen als Absicherung bei Recherchearbeiten, hauptsächlich in heiklen Dossiers, wenn Druck auf sie ausgeübt werden kann.
Einen solchen Druck hat Michel Wolter gestern mehrmals ausgeübt. Wie heute einem Beitrag auf 100,7 zu entnehmen ist, hat Wolter einem Journalisten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks offen gedroht. Zitat: „Dir musst elo gutt oppassen waat der maacht, gleewt mer et!”. Dabei blieb er nicht und fuhr fort: „Wann daat doten de Niveau ass iwwert dee mer diskutéieren, dann diskutéiere mir an der Chamber iwwert den 100,7. De Mëtten. Gleeft mer daat.”
Zu diesem Vorfall meint David Wagner, Co-Sprecher von déi Lénk: “Solche Drohungen vom Präsidenten der Regierungspartei CSV deuten auf ein gefährliches Selbstverständnis der Macht hin. Diese Methoden sind einem Volksvertreter nicht würdig und entsprechen der klassischen Drohkulisse, wie sie in autoritären Regimen üblich ist”.
Michel Wolter ist in Sachen Einschüchterung der Medienvertreter kein Neuling (siehe Affäre Journal/Roemen). Er stellt eine Gefahr für die Pressefreiheit dar.
Eigentlich dürfen derartige Äußerungen nicht ohne politische Konsequenzen bleiben.
Deshalb fordern déi Lénk eine öffentliche Distanzierung von Premierminister Jean-Claude Juncker, der stets beteuert, dass ihm die Pressefreiheit stark am Herzen liege.
Weiterhin hoffen déi Lénk, dass der Koalitionspartner der CSV, die LSAP, diese Aussagen verurteilt und diesen Angriff auf die Pressefreiheit nicht stillschweigend hinnimmt.