Dass die LehrerInnen nun doch nicht streiken, dürfte das Unterrichtsministerium freuen. Damit ist aber das tiefe Unbehagen nicht aus der Welt geschafft: weder was die Schulreformen, noch was die Reform des öffentlichen Dienstes und ihre Anwendung auf die Schulen betrifft. Zur Schulreform haben „déi Lénk“ eine erste ausführliche Position vorgestellt, an der sie weiter arbeiten.
Die Reform im öffentlichen Dienst ist an sich schon problematisch, ihre Anwendung auf die öffentliche Schule ist es noch mehr. Die Übernahme von modischen Management-Konzepten aus der Privatwirtschaft kann der Mission der Schule und den Aufgaben der Lehrer nicht gerecht werden.
Beispiel 1: Bewertung („évaluation“). Nach 12 und nach 20 Jahren Berufstätigkeit soll der Vorgesetzte (Inspektor, Direktor) eine Begutachtung („appréciation“) ausstellen, nach bisher unbestimmten Kriterien, die über die Laufbahn der Lehrperson bestimmen soll! Wie solch ein „Bewertungssystem“ einen positiven Einfluss auf die pädagogische und fachliche Qualität des Unterrichtes und die Motivation der LehrerInnen haben sollte, bleibt schleierhaft. Eine bessere pädagogische Ausbildung im Vorfeld, permanente Begleitung und Unterstützung, Arbeit im Team mit gemeinsamer Verantwortung, Weiterbildung etc. wären wohl fruchtbarer als autoritäre Drohgebärden, die sich als „Bewertung“ verkaufen wollen, in Wirklichkeit Anpassung und Unterwerfung fördern müssen.
Beispiel 2: „Posten mit besonderer Verantwortung“. Man müsste ja wohl davon ausgehen, dass der Lehrberuf als solcher eine „besondere Verantwortung“ darstellt, der sich die große Mehrheit der Lehrer/innen auch bewusst ist. Besondere Aufgaben konnten bisher problemlos über teilweise Freistellungen („décharges“) oder Entschädigungen („indemnités“) organisiert werden. Zwar heißt es explizit, die neuen Posten sollten keine hierarchische Funktion haben. Sie führen aber wohl automatisch zu einer Hierarchisierung der Laufbahnen. Sie folgen einer typisch bürokratischen Logik: um der „Bewertung“ zusätzliche Effizienz zu verleihen, werden Aufstiegsmöglichkeiten außerhalb der flachen Laufbahn geschaffen, mit denen man belohnen oder bestrafen kann. Auch hier ist nicht ersichtlich, welcher pädagogische Nutzen sich daraus ergeben soll.
Beispiel 3: die „Gestion par objectifs“. Dass sich die einzelnen Schulen „Ziele“ setzen sollten, scheint unproblematisch. Dennoch stellt sich die Frage, welche Funktion diese im Rahmen der allgemeinen Zielsetzung des Bildungssystems überhaupt spielen sollten. Sollen sie mehr sein als die bisherigen Schulprojekte (projets d’établissement)? Sollen sie als Ersatz dienen für eine großzügige allgemeine Förderung der pädagogischen und sozialen Aufgaben aller Schulen? Sollen sie trotz der beschwichtigenden Versicherung des Ministeriums nicht doch zur Konkurrenz statt zur Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den Lehrern führen?
Die pädagogischen und sozialen Probleme unseres Bildungssystems werden so nicht gelöst. Die Debatte über die Zukunft unseres Bildungswesens, seiner Schwächen, seiner Potentiale lässt sich so nicht abwürgen.
(Mitgeteilt von déi Lénk)