Die EU gab gestern grünes Licht für eine Verlängerung der Zulassung von Glyphosat um weitere 5 Jahre. Im zuständigen Komittee stimmten 18 EU-Mitgliedstaaten für die Zulassung und 9 dagegen, bei einer Enthaltung. Die luxemburgische Regierung, die sich bei früheren Glyphosat-Abstimmungen einige Male enthalten hatte, stimmte gestern gegen die Zulassung. Doch dieses begrüßenswerte Umschwenken darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Agrarpolitik dieser wie ihrer Vorgängerregierungen keine Weichenstellungen für den Schutz der Artenvielfalt und die Entstehung einer ökologischeren Landwirtschaft unternommen hat.
Entsprechend der gestrigen Abstimmung in Brüssel können Unkrautvernichtungsmittel, die auf Basis von Glyphosat hergestellt werden, also weitere 5 Jahre EU-weit vermarktet und somit von Landwirten, Winzern oder Hobbygärtnern benutzt werden. Glyphosat gilt als besonders bedenklich, weil die Substanz in Studien wiederholt als stark krebserregend eingestuft wurde. Daneben tragen Herbizide auf Glyphosat-Basis massiv zum Absterben der Biodiversität und somit zum Verlust der Bodenfruchtbarkeit bei. Glyphosat stellt also eine direkte Gefahr für die Gesundheit der Menschen dar und beschädigt nach und nach die ökologischen Grundlagen unserer Nahrungsmittelproduktion.
Der Medienwirbel um die Glyphosat-Abstimmung sollte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass hunderte weitere potentiell gefährliche Pflanzenschutzmittel in der EU zugelassen sind und der Landbau in großen Teilen auf dem Einsatz dieser Mittel beruht. Und hier zeigt sich die Doppelmoral der Regierung: Sie verfügt nämlich über die Möglichkeit die Verbreitung von Pflanzenschutzmitteln (auch von Glyphosat) einzudämmen, doch aktiv ist sie bisher nicht geworden, im Gegenteil.
Über einen Aktionsplan “Pestizide” müsste Luxemburg laut EU-Verordnung bereits seit 2012 verfügen, doch bisher hat DP-Landwirtschaftsminister Etgen nur sehr unzureichende Vorschläge ausarbeiten lassen, weshalb sie von der EU-Kommission und Umweltorganisationen zurecht zurückgewiesen wurden. Jetzt endlich kommt das Landwirtschaftsministerium wieder in die Gänge und möchte demnächst einen neuen Vorschlag vorlegen.
Vor etwas mehr als einem Jahr hat die Regierung zudem die Gelegenheit verpasst um die luxemburgische Landwirtschaft in ökologischere Bahnen zu lenken. Anstatt kleine und nachhaltig arbeitende Agrarbetriebe stärker zu unterstützen, erreicht sie mit dem Agrargesetz und dem Plan de développement rural genau das Gegenteil: es kommt zu einer weiteren Konzentration der Betriebe und zu einer Intensivierung der Landwirtschaft, beides Entwicklungen, die nicht mit einem verantwortlicheren Umgang mit Pflanzenschutzmitteln einhergehen.
Dieser Ansatz steht auch keineswegs in Kontinuität mit dem Vorschlag aus dem TIR-Bericht, die luxemburgische Landwirtschaft auf 100% Bio umzustellen. Diese Inkohärenz untermauert die Regierung zudem mit den Prioritäten im Zwischenbericht des TIR-Prozesses, der kürzlich vorgestellt wurde. Die Landwirtschaft soll dementsprechend mithilfe einer stärkeren Technisierung weiter intensiviert werden. Dass die Technik, die hierfür gebraucht wird, von denselben Multis vermarktet und kontrolliert wird wie auch die meisten Glyphosat-Herbizide findet dabei jedoch keine Erwägung.
Mit dem negativen Votum bei der Glyphosat-Abstimmung hat die Regierung ein wichtiges Zeichen gesetzt. déi Lénk hoffen, dass es sich dabei nicht um eine Eintagsfliege handelt, und von der Regierung ein kohärentes und nachhaltiges Vorgehen gegen den gefährlichen Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und für eine ökologische Transformation der Landwirtschaft angestrebt wird.