Zu Gast am Land
Da wurde während der Untersuchung der Srel-Affäre bekannt, dass der Geheimdienst, nach den Methoden einer Geheimpolizei, den Oberstaatsanwalt beschattet hatte. Die Namen der damit Beauftragten fielen. Sogar der damalige Staatsminister wurde in einer gewissen Hinsicht als Mitwisser genannt. Ihm wurde zumindest Schlampigkeit im Umgang mit dieser Information vorgeworfen. Das alles ging aus den Befragungen der parlamentarischen Untersuchungskommission hervor. Mehrere Zeugen hatten angegeben, eine Aussage hierzu machen zu wollen. Daraus schlussfolgerte der Ausschuss: „L’enquête judiciaire devra établir s’il s’agit d’un cas isolé.“
Zwar hatte der Staatsminister damals den Betroffenen auf seine burschikose Art mit dieser Information konfrontiert. Man kann verstehen, dass dieser später eventuell auf eine persönliche Anzeige verzichten wollte.
Doch u.a. dafür gibt es die Weisungsbefugnis des Justizministers aus Artikel 16 der Kriminalprozessordnung, die diesem die Möglichkeit gibt, die öffentliche Aktion zu veranlassen wenn er es dennoch politisch für opportun hält.
Während der von uns am Dienstag veranlassten Debatte über die Gerichtsfolgen des SREL-Untersuchungsberichtes versuchte der Justizminister seine offensichtliche Untätigkeit damit zu begründen, dass er die Unabhängigkeit der Justiz nicht beeinträchtigen wolle. Das ist ein durchsichtiges Ablenkungsmanöver.
Denn die Staatsanwaltschaft vertritt das öffentliche Interesse bei der Strafverfolgung und gehört in diesem Sinne nur halb der Justiz an. Deshalb auch die Bindung an den Justizminister als politische Autorität, die sich in Luxemburg allein auf die Möglichkeit der politischen Veranlassung einer Strafverfolgung beschränkt und nicht, wie in anderen Ländern, das Verbot einer Strafverfolgung einschliesst.
Man kann lange darüber streiten ob der Justizminister diese Befugnisse regelmässig ausüben soll. Problematisch war diese Ausübung zum Beispiel als der damalige Justizminister Biltgen, heute Richter am Europäischen Gerichtshof, 2012 eine Anklage gegen den Präsidenten der Piratenpartei wegen der sogenannten Medicoleak-Affäre veranlasste.
Dieser damals völlig überzogenen Reaktion seitens des Staates (eine Datei wurde geknackt um öffentlich auf eine Sicherheitslücke in der staatlichen Informatik hinzuweisen) wurde postwendend von der so unabhängigen Justiz mit einer Hausdurchsuchung und einer Beschlagnahmung von Computern Folge geleistet.
Braz behauptete im Parlament, dass die letzte solche Aktion eines Justizministers 30 Jahre zurückliege. Er behauptete auch, dass er nicht wissen könne, in welchen Fällen die Staatsanwaltschaft heute untersuche. Natürlich weiss er es, denn er empfängt regelmässig die Staatsanwaltschaft, was in seiner Funktion auch völlig normal ist. Und wenn er in einer solchen Staatsaffäre nicht das nötige veranlasst hat, dann hat er sich selber mitverantwortlich gemacht. Hatte er doch selber am 10.Juli 2013 als Abgeordneter Herrn Juncker beschuldigt, die Information über diese regelrechte Staatsaffäre nicht ernst genommen zu haben.
Es ist zu hoffen, dass der Justizminister sehr schnell darüber informiert oder die Staatsanwaltschaft darüber informieren lässt, was in den fast drei Jahren nach Abschluss der parlamentarischen Untersuchung geschehen ist.
Und dass die Affäre „Geheimpolizei“ nicht inzwischen verjährt ist!
Serge Urbany, député déi Lénk